Wenn sich ein Flug massiv verspätet, haben die Passagiere der Airline einen Anspruch auf Entschädigung. Dieser beträgt je nach Flugstrecke zwischen 250 und 600 Euro, muss aber eigens eingefordert werden. Das kann entweder in Eigenregie geschehen, mit einem Fachanwalt oder in dem man ein darauf spezialisiertes Fluggasthelfer-Portal mit der Durchsetzung beauftragt.
(Foto: Trekking Marokko, 2014)
In der EU-Fluggastrechte-Verordnung ist festgelegt, dass Passagiere in der EU bei einer starken Verspätung einen Entschädigungsanspruch haben, sofern die Fluggesellschaft die Verspätung selbst zu verantworten hat und keine „außergewöhnlichen Gründe“, wie zum Beispiel politische Instabilität, schlechte Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwartete Flugsicherheitsmängel oder Streiks eingetreten sind. Diese Entschädigung ist nicht an die Ticketkosten gekoppelt, sondern bemisst sich an der Flugstrecke und wird mit einem Pauschalsatz geregelt. Bei Flugstrecken bis 1500 km und zwei Stunden Verspätung stehen den Passagieren 250 Euro zu, bei Strecken von 1500 km bis 3500 km — hierunter fallen die Flüge von Deutschland nach Marokko — und einer Verspätung von drei Stunden 400 Euro. Bei Flugdistanzen über 3500 km Länge erwächst ein Anspruch (600 Euro) erst nach vier Stunden Verspätung. Die gleichen Ansprüche entstehen auch, wenn ein Flug gestrichen oder überbucht wurde.
Die Fluggesellschaft ist außerdem in einer Betreuungspflicht und muss den wartenden Passagieren unentgeltlich Mahlzeiten und Getränke anbieten. Das können ein Snack und ein warmes Getränk sein, bei längeren Verspätungen ist jedoch eine warme Mahlzeit angemessen. Weiterhin stehen den Wartenden zwei Telefonate oder der Versand von zwei E-Mails zu. Verzögert sich der Abflug bis zum nächsten Tag, besteht außerdem Anspruch auf eine Hotelübernachtung inklusive Flughafentransfer.
Über die unten verlinkte Seite lässt sich die Länge eines Fluges herausfinden. Zur Orientierung: die Entfernung zwischen Berlin und Marrakesch beträgt 2897 Kilometer, die zwischen München und Tanger 2020 km.
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Ansprüche mit Fluggasthelfer-Portalen einfordern
Der Streit mit den Fluggesellschaften erfordert viel Geduld, noch mehr Papier und ist am Ende vielleicht nicht erfolgreich, deswegen übergeben viele Passagiere solche Fälle einem Fachanwalt. Doch hier ist Vorsicht geboten, vor allem dann, wenn man keine Rechtsschutzversicherung hat, den Prozess verliert und schlimmstenfalls die Verfahrenskosten zahlen muss.
Das Feld der Ausgleichszahlung nach EU-Fluggastverordnung haben in den vergangenen fünf Jahren verschiedene Unternehmen als Marktlücke entdeckt. Diese Dienstleister bemühen sich, die Forderungen ihrer Klienten gegenüber den Fluggesellschaften durchzusetzen und sie zunächst außergerichtlich zum Zahlen zu bewegen. Bleiben diese Bemühungen erfolglos, übernimmt ein Partneranwalt den Fall und reicht Klage ein. Dem Auftraggeber entstehen durch die Dienstleistung — anders als bei der Konsultation eines Anwalts — zunächst keine Kosten, denn die Unternehmen tragen das volle Risiko, auch dann, wenn der Prozess verloren geht. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: erstens der Abschluss eines Vergleichs, der nur mit Zustimmung und wenn es wirtschaftlich sinnvoll sei, erfolgt, und bei dem die Kosten von der Vergleichssumme abgezogen werden. Zweitens betrifft das eine Bearbeitungsgebühr, die anfällt, wenn der Kunde nach den außergerichtlichen Schritten der Dienstleister nicht von einem ihrer Partneranwälte vertreten werden will und die den Kosten eines Fachanwalts entspricht. Für das Einfordern der Entschädigung berechnen die Fluggasthelfer-Portale, bei denen es sich im Grunde um spezialisierte Inkasso-Unternehmen handelt, eine erfolgsabhängige Gebühr von 20-35 Prozent der Ausgleichszahlung.
Damit sich dieses Geschäft für sie lohnt, werden nur Fälle angenommen, die nach der EU-Fluggastverordnung anspruchsberechtigt sind und Aussicht auf Erfolg haben. Auf den Internetseiten der Anbieter können verspätete Passagiere ihre Flugdaten eingeben und erhalten auf Grundlage von Wetter- und Flugdatenbanken sofort eine kostenlose Grobeinschätzung zu den Chancen auf Entschädigung. Anschließend können sie entscheiden, ob sie das Unternehmen damit beauftragen, ihre Fluggastrechte auf dieser Seite geltend zu machen oder nicht.
(Screenshot flightright.de)