Marokko: kostenloser Reiserücktritt wegen Terrorgefahr

Nachdem in den vergangenen Jahren weltweit Urlaubsorte Ziel terroristischer Angriffe geworden sind, fühlen sich viele Touristen verunsichert und überlegen, von ihrer Reise zurückzutreten. Doch eine gebuchte Reise kostenfrei zu stornieren, ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich.

Nach den Anschlägen von Paris, Nizza, Brüssel und Istanbul denken mehr Touristen, die eine Reise nach Marokko gebucht haben, darüber nach, von ihrem Urlaub zurückzutreten, als nach dem Beginn des arabischen Frühlings. Aber lässt sich eine gebuchte Reise einfach kostenlos stornieren?

reiseruecktritt und terror

Marrakesch (Foto: Trekking Marokko, 2015)

Kostenlose Stornierung bei höherer Gewalt oder mit einer Reiserücktrittversicherung

Natürlich kann jeder zuhause bleiben und von seiner Reise zurücktreten. Jedoch wird dann eine Stornierungsgebühr fällig und es werden nicht alle Kosten erstattet. Ein kostenloser Reiserücktritt ist nur dann möglich, wenn die Reise durch höhere Gewalt erheblich beeinträchtigt ist und dies zum Buchungszeitraum nicht absehbar war. Als höhere Gewalt gilt beispielsweise ein drohender Kriegsausbruch, Unruhen, unvorhersehbare Naturkatastrophen oder Epidemien.

Wird die Reise aus anderen Gründen storniert, so fallen entsprechende Gebühren an. Diese werden unter Umständen von einer vorher abgeschlossenen Reiserücktrittversicherung erstattet. Solche Policen greifen in dem Fall, dass der Urlauber aufgrund privater Gründe — beispielsweise schwere Krankheit, Schwangerschaft, Verlust eines Angehörigen, Impfunverträglichkeit oder eine Wehrübung — seine geplante Reise nicht durchführen kann. Im Fall einer möglichen Terrorgefahr zahlten früher viele Reiserücktrittsversicherungen nicht. Heute haben viele Anbieter ihre Angebote angepasst und bieten die  Reiserücktrittsversicherung mit Terror-SchutzKlausel an, die eine kostenlose Stornierung ermöglicht, wenn in den letzten zwei Wochen vor Reisebeginn ein Terroranschlag am Reiseziel verübt wurde.

Reiseruecktrittsversicherung mit Terrorschutz

(Screenshot: europ assistance)

Besondere Rolle des Auswärtigen Amts

Bei der Bewertung, ob im Reiseland eine Gefahrensituation vorliegt, die eine Stornierung wegen höherer Gewalt rechtfertigt, spielen die Einschätzungen des Auswärtigen Amts eine gewichtige Rolle. Diese Bewertungen sind in drei Kategorien unterteilt: Reisehinweise, Sicherheitshinweise und Reisewarnungen. Für Marokko veröffentlicht das Auswärtige Amt seit Jahren Reisehinweise mit allgemeinen Informationen über Einreisebestimmungen, Zollvorschriften oder medizinischen Ratschlägen. Diese werden von landesspezifischen Sicherheitshinweisen ergänzt. Darin wird unter anderem von Reisen in die Westsahara und ins algerische Grenzgebiet abgeraten. Weniger realistisch ist die Warnung vor Menschensammlungen auf öffentlichen Plätzen.

Von diesen Hinweisen sind die Reisewarnungen zu unterscheiden, die das Auswärtige Amt für bestimmte Länder herausgibt. In diesen Fällen wird davon ausgegangen, dass ein Aufenthalt dort für jeden Reisenden gefährlich ist. Dort lebende Deutsche werden zur Ausreise aufgefordert und von Reisen in bestimmte Region wird ausdrücklich abgeraten. Solche Reisewarnungen spricht das Auswärtige Amt allerdings nur für wenige Länder aus. Marokko ist und war glücklicherweise nie auf dieser Liste.

Gerichtsentscheidung in puncto Marokko

Was die Rechtsprechung angeht, gibt es im Falle Marokkos eine relativ aktuelle Gerichtsentscheidung. 2015 wurde in München die Klage eines Ehepaars abgewiesen, das von einer im November 2014 für April 2015 gebuchten Rundreise nach Marokko zurückgetreten ist und die vom Veranstalter berechnete Stornierungsgebühr (20%) zurückverlangte. Der Reiserücktritt wurde mit der gesamtpolitischen Lage und einem möglichen Übergriff des seinerzeit in Westafrika ausgebrochenen Ebola-Virus begründet. Doch dem Amtsgericht genügte diese Argumentation nicht, um einen konkrete Gefahr zu begründen. Die politische Lage und die Dynamiken des Arabischen Frühlings, dessen Auswirkungen zudem in Marokko nicht besonders stark spürbar waren, seien seit 2011 bekannt. Auch bestünde keine konkrete Bedrohung durch islamistische Terroranschläge. Vielmehr haben sich islamistische Terroristen zu einer internationalen Gefahr entwickelt, die inzwischen auch europäische Länder betreffe und daher mittlerweile zum sogenannten allgemeinen Lebensrisiko gehöre.

Grundsätzlich gilt, dass ein ungutes Gefühl nicht ausreicht, um einen gebuchten Urlaub kostenlos stornieren zu können. Wer von seiner gebuchten Reise zurücktreten will, obwohl das Auswärtige Amt keine Reisewarnung herausgegeben hat, wird damit rechnen müssen, auf den Stornogebühren sitzen zu bleiben. Zumindest dann, wenn keine höhere Gewalt vorliegt. Die Versicherungsbranche passt sich den Umständen an und verkauft inzwischen Reiserücktrittversicherungen mit Terrorschutz-Klauseln, mit denen die Auswahl privater Gründe für den Reiserücktritt ergänzt werden. Wer keine Police dieser Art besitzt und vor der Wahl steht, von einer gebuchten Reise zurückzutreten, sollte möglichst schnell seinen Reiseveranstalter kontaktieren, denn je kurzfristiger ein Reiserücktritt erfolgt, desto höher fallen die anfallenden Kosten aus. Zumindest das ist sicher.

2 Kommentare

  1. Moin,

    wir waren dieses Jahr in Marokko genauer gesagt in Agadir und fanden es wunderschön dort. Von Terrorangst oder der gleichen war auch nichts zu spüren. Wir würden wieder dorthin verreisen.

    Dennoch toller Beitrag.

    Danke dir und Beste Grüße

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